Kronen und Brücken aus Nichtedelmetallegierungen

Über Jahrhunderte hinweg waren Restaurationen aus Gold und hochgoldhaltigen Legierungen allein in der Lage, dem schwierigen Milieu der Mundhöhle über eine ausreichend lange Zeit zu widerstehen. Ihre Verarbeitung orientierte sich zunächst am Goldschmiedehandwerk, gehämmerte Goldfüllungen aus Blattgold, gelötete Ring- Deckel- Kronen, die mit einem Bleihammer erst beim Eingliedern ihre endgültige Form erhielten, Brücken, deren Spannweite auch erst hierbei endgültig festgelegt wurde, waren üblich. Zahnfarbige Verblendungen im sichtbaren Bereich wurden aus vorgeschliffenen Keramikschalen gefertigt, die in die Fassung der Krone eingepaßt wurden wie ein Brilliant am Ring.
Wer es sich leisten konnte, ließ sich sogar ganze Prothesenbasen aus Gold fertigen, wie beispielsweise George Washington, dessen Unterkieferprothese noch heute im Smithsonian National Museum of American History, Washington D.C., aufbewahrt wird. Der Comiczeichner Carl Barks erwähnt als Familienerbstück ein goldenes Gebiß, welches dem jungen, noch mittellosen Dagobert Duck mitgegeben wurde, als er in die Welt hinauszog.
Die hohen Materialkosten limitierten jedoch stets die Anwendung von Goldlegierungen für zahnärztliche Restaurationen. (Amalgam als Füllungswerkstoff wurde bereits im Artikel 4/2012 beschrieben.) Silber- Palladium- Legierungen waren lange Zeit eine preiswerte Alternative für Goldlegierungen; mittlerweile sind die Preisunterschiede nicht mehr sehr groß.
Sollen beispielsweise 12-14- gliedrige Brücken angefertigt werden, so ermöglicht heute die Verwendung von preiswerten Nichtedelmetallegierungen eine erhebliche Kostenersparnis. Obzwar der Eingliederung von festsitzendem Zahnersatz, wann immer es möglich ist, der Vorzug gegeben werden sollte, wurden in den letzten 20 Jahren im deutschen Gesundheitswesen die Leistungen der Gesetzlichen Krankenkassen hierfür immer mehr eingeschränkt. Hauptgrund ist neben hohen primären Kosten wohl auch die Tatsache, daß beispielsweise bei einer zirkulären Brücke über den gesamten Kiefer der Verlust nur eines Pfeilerzahnes meist zu deren Unbrauchbarkeit führt.

Vorzüge von festsitzendem Zahnersatz
Dennoch wird schnell klar, daß im Gegensatz zu einer herausnehmbaren Prothese der Kaukomfort von festsitzendem Zahnersatz dem der natürlichen Bezahnung am nächsten kommt. Die Tatsache, daß es sich um Ersatz handelt, wird rasch verdrängt, denn der Ersatz wird im Munde gebürstet und nicht nach Herausnahme in der Hand.
Insgesamt ist die Hygienisierbarkeit von festsitzendem Zahnersatz gegenüber herausnehmbarem Zahnersatz überlegen.
Die Belastung einzelner Zähne wird in maximaler Weise auf die übrigen mit verteilt. Zuvor vorhandene Fehlstellungen können in gewissem Umfange korrigiert werden. Die Gewöhnung erfolgt sehr rasch, da der Patient sich nicht selbst vom Ersatz befreien kann. Zuvor eingetretener Stützzonenverlust wird dauerhaft ausgeglichen, kompensatorische Ausweichbewegungen beim Kauen und Seitenabweichungen werden normalisiert, Kiefergelenksbeschwerden bilden sich oft rasch zurück. Prothesendruckstellen können naturgemäß nicht auftreten.

Die Überlegenheit von NEM- Legierungen
Im Unterschied zu rostfreiem Edelstahl, aus dem beispielsweise die Trommel der Waschmaschine besteht (V2A/V4A- Stahl- "Versuchsschmelze 2/4 Austenit" nach Harry Bearley, 1913, Eisen mit flüssiger Chromphase), enthält eine mundbeständige dentale Nichtedelmetallegierung ca. 60% Kobalt, 30% Chrom, 6% Molybdän, in kleineren Anteilen Kohlenstoff, Silizium und Mangan, Eisen hingegen nur in Spuren. Allergieauslösendes Nickel ist nicht enthalten.
Ein hohes Elastizitätsmodul ermöglicht grazile Gestaltung auch über große Spannweiten, da Kronenränder sich nicht biegen lassen, ist eine aufgebrannte Keramikverblendung weitaus stabiler und beständiger als auf einem Goldgerüst. Diese Materialeigenschaften setzen eine exakte Paßform voraus, Korrekturen beim Eingliedern sind allenfalls in der Bißhöhe durch Einschleifen in geringem Umfang möglich. Um die Situation in der Mundhöhle mit hinreichender Genauigkeit auf ein zahntechnisches Arbeitsmodell übertragen zu können, müssen genau aufeinander abgestimmte Modellmaterialien (Superhartgipse) und Abformmassen eingesetzt werden. Additionsvernetzte Silikone, die beim Aushärten die größte Formstabilität bieten, weil im Gegensatz zu den kondensationsvernetzten Materialien keine ausgeschnittenen Wassermoleküle die Ketten schrumpfen lassen, gibt es erst seit den 1980er Jahren für den Dentalmarkt. Auch aus diesem Grunde waren  Einstückgußbrücken zur Versorgung des gesamten Kiefers zuvor nicht möglich. (Die Herstellung von Einzelkronen, ihre Fixation im Sammelabdruck, womöglich noch im dreidimensionalen Puzzle einer Gipsabformung und das Einlöten von Zwischengliedern bergen so viele Fehlermöglichkeiten in der Herstellung der exakten horizontalen Dimension der Brücke, daß oft nach drei- bis viermaliger vergeblicher Einprobe von dem Vorhaben einer zirkulären Brücke abgelassen werden mußte.) Konnten Goldlegierungen noch im sehr gefährlichen und fehleranfälligen Schleudergußverfahren mittels Handschleuder und Schweißbrenner verarbeitet werden, so sind NEM- Legierungen nur im Gußautomaten mit induktiver Erhitzung des Materials unter technisch standardisierten Parametern verarbeitbar.  

Ein Problem stellt für jeglichen Zahnersatz seine Abnutzung im Munde dar. Nagetieren wachsen daher ihre Nagezähne lebenslang nach, Elefanten als Pflanzenfresser von Ästen und Rinde wechseln sechs mal im Leben ihre Backenzähne, beim Menschen bewirkt der Hartsubstanzverlust durch Kauen, mehr noch durch Knirschen, die Anlagerung von Tertiärdentin im Zahninneren durch die lebende Pulpa.
Kronen hingegen, die oftmals aufgrund von Platzproblemen nur in Mindeststärke hergestellt worden sind, werden rasch durchgebissen. Winzige Löcher in der Kaufläche der Krone gewähren Eintritt für Beläge und Bakterien zu dem sich darunter befindlichen beschliffenen Zahnstumpf. Da in diesem Bereich nicht gebürstet werden kann, führt dies zur raschen kariösen Zerstörung des Stumpfes, die zudem lange Zeit unbemerkt bleiben kann, weil im Gegensatz zum natürlichen Zahn, der daraufhin einbricht, die Metallkrone ansonsten intakt bleibt.
NEM- Kronen nutzen sich aufgrund ihrer großen Härte in weitaus geringerem Maße ab als Kronen aus Goldlegierungen, so daß die unbemerkte kariöse Kronenzerstörung viel seltener auftritt. Man hat zwar versucht, Goldlegierungen hoher Härte herzustellen, die diese Probleme in geringerem Maße aufweisen; zum einen erreichen sie aber trotzdem nicht die Materialeigenschaften einer dentalen NEM- Legierung, zum anderen sind sie durch Beifügen von Platin, Palladium und anderen Edelmetallen noch sehr viel teuerer als die klassische Gold- Platin- Legierung. 
Wenn es durchaus eine geringe Zahl von Menschen gibt, die eine Goldallergie entwickeln, so ist die Zahl der Menschen mit einer Allergie auf eine dentale NEM- Legierung nochmals um Größenordnungen geringer. Dies kommt u.a. dadurch zustande, daß eine NEM- Legierung im Munde kaum Metallionen abgibt.
Einziger Nachteil dieser Legierung ist ihre silbrige Farbe, die im Gegensatz zu im Munde sichtbarem Gold einen weniger edlen optischen Eindruck hinterläßt- geschuldet einer jahrhundertelangen Ansicht, daß hochwertige zahnärztliche Restaurationen aus Gold sein müssen.

Vollkeramik
Am Kronenrand einer Metallkeramikverblendkrone muß die Keramikverblendung dünn werden, da ansonsten übermodellierte Kronen zu mangelnder Hygienisierbarkeit und somit Periodontalerkrankungen führen würden. Eine ausreichende Transparenz der Keramikverblendung ist in diesen Bereichen oft nicht mehr möglich, im Gegensatz zum natürlichen Zahn wirkt der überkronte Zahn stumpf. Werden höchste ästhetische Anforderungen gestellt, so können in diesen Fällen gepreßte Vollkeramikkronen zum Einsatz kommen. Auch kleine dreigliedrige Brücken aus Vollkeramik sind möglich. Eine Befestigung kann adhäsiv erfolgen (siehe Artikel 4/2012).
Nachteilig wirken sich neben höheren Kosten der höhere Hartsubstanzabtrag der Stümpfe aus, der bei vitalen Zähnen eher noch als beim Beschleifen für Metallkeramikkronen zum Absterben der Pulpa führen kann. Ein Trepanationsversuch zur Wurzelkanalbehandlung, der bei Metallkronen naturgemäß ein Loch in der Kaufläche nach sich zieht, welches nach Therapieende meist problemlos wieder verschlossen werden kann, bewirkt bei einer Vollkeramikkrone zumeist ihre völlige Zerstörung. Selbst Einschleifmaßnahmen können zur Kronenzerstörung führen. Entsprechend höher als bei Metallkeramikverblendkronen ist die Bruchgefahr bei Vollkeramikkronen. In jedem Fachartikel, der derzeit zum Thema Zirkonoxidkeramik veröffentlicht wird, ist zu lesen, daß Vollkeramikrestaurationen die Stabilität von Metallkeramikrestaurationen als Standardmaß nicht erreichen.
Vollkeramikkronen sollten daher bei Menschen, die mit den Zähnen knirschen, und das sind nicht wenige, besser nicht zum Einsatz kommen.
Natürlich sind die modernen Materialien, aus denen Vollkeramikrestaurationen bestehen, in Stabilität und Ästhetik nicht mit den früheren Jacketkronen zu vergleichen, die lange vor der Einführung von Metallkeramikverblendungen das Maß aller Dinge in Sachen zahnmedizinischer Ästhetik waren. Auf einem Frontzahnstumpf mit mindestens 1 mm breiter Stufe wurde auf dem Stumpfmodell Platinfolie aufgerollt, auf der dann die Keramikmassen schichtweise aufgetragen und gebrannt wurden.
Eine Schrumpfung von über 30% bei den mehrfachen Brennvorgängen erforderte eine dementsprechende Übermodellation durch den Zahntechniker. Jahrelange handwerkliche Erfahrung und großes Geschick waren dazu vonnöten. Zuletzt mußte die Platinfolie ausgebrannt werden. Innere Spannungen in der Krone führten dabei in vielen Fällen zu ihrem Zerspringen. Zur breiten Anwendung gelangte deshalb die Jacketkrone nie- der Aufwand war zu hoch.

Kunststoffrestaurationen  
Trotz nicht vorhandener ausreichender Abrasionsfestigkeit wurde immer wieder versucht, billigere und leichter zu verarbeitende Kunststoffe in verschiedener Form anzuwenden. Plastmantelkronen anstelle von Vollkeramikkronen waren auf der dem Gaumen zugewandten Fläche innerhalb kürztester Zeit durchgebissen.
Bei Kunststoffverblendungen wurde mit aufgetragenen kleinen Metallkügelchen auf dem Metallgerüst der Krone versucht, die Verblendung auf diese Weise mit dem Metall sicher zu verankern, manchmal reichten diese Verblendungen auch über die Kaufläche, was durch Abrasion zur raschen Bißsenkung führte.
Einzig die heute angewendete adhäsive Verbindung zwischen Kunststoffverblendung und Metall nach Siliziumbedampfung und Silanisierung der zu verblendenden, nicht kautragenden Oberfläche, beispielsweise bei Außenteleskopkronen, bietet ausreichende Haltbarkeit über einen längeren Zeitraum. Kunststoff hat hierbei den Vorteil, geringfügige Biegungen der Außenteleskopkrone elastisch besser abzufangen, als etwa Aufbrennkeramik.
Ende der 1990er Jahre wurde erneut der Versuch unternommen, Kunststoffkronen und -brücken zu etablieren. Glasfaserverstärkte Restaurationen sollten die nötige Stabilität und Abrasionsfestigkeit ermöglichen- jedoch erwies sich nach wenigen Jahren der Versuche in den Praxen am Patienten wiederum deren Unzulänglichkeit.  

Differentialindikation von festsitzendem und herausnehmbarem Zahnersatz
Eine verkürzte Zahnreihe muß bis mindestens zum zweiten Prämolaren festsitzend versorgt sein. Kürzere Freiendlücken können festsitzend nur implantatgetragen oder mit herausnehmbaren Prothesen behandelt werden. Eine Kombination von festsitzendem Zahnersatz im Frontzahnbereich mit einer herausnehmbaren Teilprothese für den Seitenzahnbereich ist möglich und bietet mehr Komfort, als wenn auch die fehlenden Frontzähne mit der Prothese ersetzt werden; trotzdem dominiert hierbei für den Patienten psychisch die herausnehmbare Teilprothese.
Theoretisch kann eine zirkuläre Brücke für einen Kiefer auch auf nur vier Pfeilerzähnen eingegliedert werden, sofern diese strategisch günstig angeordnet sind, beispielsweise auf zwei Eckzähnen und zwei zweiten Molaren. Ehe man als Zahnarzt aber ein solches Therapiemittel eingliedert, ist genauestens zu prüfen, wie es um die Befestigung der Zähne im Kiefer bestellt ist. Sollten die übrigen Zähne durch eine Periodontalerkrankung und damit einhergehender Lockerung verlorengegangen sein, ist sehr wahrscheinlich, daß diese auch nicht vor den restlichen Pfeilerzähnen haltmachen wird. Eine herausnehmbare, problemlos zu erweiternde Teilprothese wäre hier sicherlich besser. Auch ein vorliegender Nikotinabusus spricht aus den gleichen Gründen gegen eine festsitzende zirkuläre Brücke, denn das Rauchen fördert Periodontalerkrankungen in erheblichem Maße. Ein weiterer Grund, der gegen die Anfertigung einer zirkulären Brücke auf nur vier Pfeilern spräche, wäre die volle Bezahnung im Gegenkiefer. Der Kaudruck würde selbst bei gesunder Befestigung der Pfeilerzähne diese rasch lockern. Sollte jedoch der Gegenkiefer in gleichem Maße in der Zahnzahl bereits reduziert sein, könnte man durchaus die zirkuläre Brücke auf vier Pfeilern anfertigen. Eine zusätzliche Abstützung auf dem Kieferkamm, wie sie durch eine herausnehmbare Teilprothese möglich ist, wäre dann überflüssig. Unzulässig ist aber in jedem Fall die noch in älteren Lehrbüchern beschriebene Schwächung des Gegenkiefers durch Zahnextraktionen, um eine zirkuläre Brücke doch eingliedern zu können. Sollte der Wunsch des Patienten nach festsitzendem Zahnersatz sehr ausgeprägt sein, wäre implantatgetragener Zahnersatz das Mittel der Wahl. (Ein diesbezüglicher Artikel erscheint auf dieser Website voraussichtlich im Juli 2013.)
Als Faustregel gilt, daß die Zahl der ersetzten Zähne mindestens der Zahl der Pfeiler einer Brücke entsprechen muß; je nach Befestigung der Zähne im Kiefer (Knochenverlust, Wurzellänge und- oberfläche, Position im Kiefer, Kaudruck, Parafunktionen etc.)  und Wertigkeit der Stümpfe (Stiftaufbau, Restzahnsubstanz) kann oder muß von dieser Regel abgewichen werden.
Einzelne endständige Molaren, auch Weisheitszähne, insbesondere dann, wenn sie keinen Antagonisten haben, müssen in die Brücke einbezogen oder zuvor entfernt werden. Andernfalls werden sie zum Gleithindernis bei Seitbewegungen des Unterkiefers oder sie wandern ab und verlieren den Kontaktpunkt, was durch schlecht entfernbare Speisereste zu tiefen Knochentaschen führen kann.

Unverzichtbar ist die Demonstration einer individuellen Bürststechnik nach Eingliederung von Brücken.
Zahnseide kann naturgemäß nur noch zwischen mehreren Brücken oder Einzelkronen zur Anwendung kommen, zugleich ist die Reinigung von verblockten Zähnen mittels Interdentalbürste oft nur schwer möglich, wenngleich unverzichtbar. Die Zwischenglieder werden zulasten einer natürlichen Zahnform hygienisierbar vom Zahntechniklabor gestaltet. Entgegen früherer Überzeugungen gibt es nirgendwo in der Mundhöhle eine Selbstreinigung von Zahnflächen, daher ist die Reinigung von diesen teuren Therapiemitteln systematisch zu demonstrieren und einzuüben mit dem Patienten.
Leider ist zu beobachten, daß jahrzehntelange Bemühungen von Patienten um ihre Zähne und Restaurationen innerhalb von wenigen Wochen zunichte werden, wenn diese pflegebedürftig werden und nicht mehr selbst in der Lage sind, adäquat zu bürsten. Sind viele Angehörigen mit dem Übergang zur "Fremdzahnpflege" überfordert und machen diese erst nach Anleitung durch den Zahnarzt, die oft erst dadurch zustande kommt, daß ein massiver Behandlungsbedarf eingetreten ist, so funktioniert dieser Übergang auch bei professioneller Altenheimpflege meist nicht reibungslos. Der Grat zwischen nicht hinzunehmender Bevormundung von Patienten, die diese Pflege noch sehr gut selbst bewerkstelligen können und Vernachlässigung der Zahn- und Prothesenpflege ist schmal. Abhilfe kann eine regelmäßige Kontrolluntersuchung mindestens halbjährlich in den Heimen, organisiert von der Zahnarztpraxis in Absprache mit den Pflegekräften oder die halbjährliche Veranlassung von Kontrolluntersuchungen durch entspechend sensibilisierte pflegende Angehörige bieten.